Gesundheitsfachpersonen in der Schweiz stellen es jeden Tag fest: mehr Patient:innen, mehr chronische Krankheiten und … mehr Administratives. In einem historisch fragmentierten Versorgungsnetz zirkulieren Informationen schwer, die Patient:innen-Verläufe sind wenig flüssig und die Nachverfolgung wird komplexer.
Heute geht es nicht nur darum, die Betreuung zu verbessern, sondern ein echtes Gesundheitsnetz aufzubauen, das in der Lage ist vorauszudenken, zu verhindern und besser zu koordinieren. Entdecken Sie in diesem Artikel die Herausforderungen des heutigen Versorgungssystems in der Schweiz und die Lösungen, die diesen Übergang zu einem Gesundheitsnetz begleiten können.
1. Versorgungsnetz vs. Gesundheitsnetz: Wie ist die Situation in der Schweiz?
1.1 Das Versorgungsnetz: Eine Koordination rund um die Patient:in
Traditionell bezeichnet ein Versorgungsnetz alle Fachpersonen, die an der Betreuung einer Patient:in beteiligt sind: Hausärzt:innen, Spezialist:innen, Pflegefachpersonen, Physiotherapeut:innen, Psycholog:innen, Altersheime, Spitäler, Apotheken, Sozialdienste usw.
In der Schweiz ist dieses Netz historisch sehr fragmentiert: kantonale Strukturen, Vielzahl von Versicherern, zahlreiche private und öffentliche Akteur:innen … all das erschwert die Koordination und Kontinuität der Versorgung. Die Betreuung wird komplex und der Versorgungsverlauf schwer verständlich für die Patient:innen.
In einem Kontext mit grossem Druck auf das Gesundheitssystem erreicht diese Fragmentierung ihre Grenzen. Das Nationale Forschungsprogramm «Gesundheitssystem» (PNR 74) des SNF unterstreicht die Bedeutung, besser die vielen beteiligten Fachpersonen zu koordinieren, das Umfeld der Patient:innen stärker einzubeziehen und neue interprofessionelle Versorgungsmodelle zu entwickeln. Technologie kann dabei eine echte Unterstützung sein.
1.2 Das Gesundheitsnetz: Eine patientenzentrierte und präventive Vision
Ein Gesundheitsnetz geht über die reine klinische Versorgung hinaus. Es integriert:
- Die Prävention und Gesundheitsförderung,
- Die Datenanalyse, um Risiken zu identifizieren,
- Die Zusammenarbeit zwischen Versorgung, sozialen Diensten und verwandten Bereichen,
- Die Fähigkeit, auf die Gesundheitsdeterminanten (Lebensstil, Umwelt, psychische Faktoren) einzuwirken,
- Die Technologie als zentrale Infrastruktur.
Die Schweiz braucht nicht nur eine bessere Organisation der Versorgung: Sie braucht ein System, das in der Lage ist, zu antizipieren, zu verhindern und umfassender zu koordinieren.
2. Drei grosse Herausforderungen des Gesundheitssystems in der Schweiz
2.1 Mangel an qualifizierten Fachpersonen und administrative Überlastung
Der Mangel an qualifizierten Fachpersonen ist heute eine der zentralen Herausforderungen des Schweizer Gesundheitssystems. Viele Einrichtungen haben zu wenige Pflegefachpersonen, Assistent:innen und auch Ärzt:innen, insbesondere in der Hausarztmedizin.
Einige aussagekräftige Zahlen:
- Jeder vierte Arzt / jede vierte Ärztin ist 60 Jahre oder älter in der Schweiz und nähert sich dem Ruhestand
- Vier von zehn Pflegefachpersonen verlassen frühzeitig den Beruf, davon ein Drittel vor dem 35. Lebensjahr
- Zwei von zehn Assistent:innen in Pflege und Gemeinschaftsgesundheit geben ihren Beruf innerhalb von fünf Jahren nach dem Abschluss auf
Planète Santé beschreibt ein «tiefes Unbehagen» und erinnert daran, dass Ermüdung nicht allein auf Arbeitsbedingungen zurückzuführen ist, sondern auch auf einen Bedeutungsverlust: Die Fachpersonen stehen zwischen dem Anliegen der Patient:innen und Rentabilitätslogiken und sind damit paradoxen Anforderungen ausgesetzt, so Bertrand Kiefer, Chefredaktor der Schweizerischen Medizinischen Wochenschrift. Dieses Phänomen macht den Übergang vom Versorgungsnetz zu einem Gesundheitsnetz notwendig, in dem Prävention, Koordination, standardisierte Abläufe und digitale Werkzeuge die nicht-klinische Belastung reduzieren.
2.2 Alterung der Bevölkerung und chronische Krankheiten
Zudem altert die Schweiz. Die demografischen Projektionen zeigen einen raschen Anstieg des Anteils älterer Menschen, die oft an mehreren chronischen Krankheiten gleichzeitig leiden.
In diesem Kontext werden Prävention, frühzeitige Diagnostik und die Fähigkeit, kontinuierliche Versorgungswege zu organisieren, zentral: Nachverfolgung chronischer Krankheiten, Zusammenarbeit mit Altersheimen und Spitex-Diensten usw. Auch hier ist die Bedeutung von Prävention zur Entlastung des Versorgungssystems unerlässlich.
2.3 Starker Kostendruck im Gesundheitswesen
Krankenversicherungen, Spitalaufenthalte, Langzeitpflege: Die Gesamtkosten steigen kontinuierlich. Sowohl das PNR 74 als auch Deloitte betonen, dass das Schweizer System gleichzeitigen steigenden Anforderungen und bereits hohen Kosten gerecht werden muss.
Ein zentraler Punkt ist, dass die interprofessionelle Koordination, die im Versorgungsnetz zentral ist, in den Finanzierungsmodellen noch wenig oder unzureichend anerkannt wird. Die Zeit für Fallbesprechungen, Spitalaustritte oder die Harmonisierung von Behandlungsplänen wird oft nicht angemessen vergütet.
3. Die zentralen Lösungsansätze für ein effizienteres Gesundheitsnetz
Angesichts dieser Herausforderungen ermöglicht der Übergang vom Versorgungsnetz zum Gesundheitsnetz, die Patient:in wieder in den Mittelpunkt ihres Gesundheitswegs zu stellen. Dafür müssen die Lösungen organisatorischer, finanzieller und kultureller Natur sein. Technologie kann helfen, diese Lösungen konkret, messbar und langfristig tragfähig zu gestalten.
3.1 Integrierte Versorgung und Koordination: Patient:innen ins Zentrum stellen
Eine der grossen Herausforderungen eines Gesundheitsnetzes ist, wie bereits erwähnt, die Notwendigkeit, die Betreuung besser zu koordinieren, insbesondere bei chronisch erkrankten Personen.
In der Schweiz umfasst dieser Ansatz:
- Stärkung regionaler Gesundheitsnetzwerke und Modelle wie Managed Care (mit Ärzt:innenliste, Erstkonsultation per Video, …)
- Förderung von Gesundheitshäusern oder interprofessionellen Gemeinschaftspraxen
- Bessere Vergütung der Koordination im Abrechnungssystem
Für den Alltag benötigen diese Modelle Werkzeuge, die den Informationsaustausch erleichtern, wie z. B. das elektronische Patient:innen-Dossier (und bald das elektronische Gesundheitsdossier), Terminplanung, Zuweisung zur richtigen Fachperson und die Organisation von Behandlungsprotokollen.
3.2 Prävention und öffentliche Gesundheit: unnötige Nachfrage reduzieren
Die Strategie 2025–2028 von Gesundheitsförderung Schweiz legt den Fokus auf Gesundheitsförderung und Prävention – besonders bei nicht übertragbaren Krankheiten, psychischer Gesundheit und sozialen Determinanten von Gesundheit.
Investitionen in Prävention bedeuten:
- Verlangsamung der Entwicklung bestimmter chronischer Erkrankungen
- Verzögerung des Verlusts der Selbstständigkeit
- Weniger Belastung von Notaufnahmen, Spitälern und Langzeitpflege
Auch hier können digitale Tools eine Schlüsselrolle spielen: Erinnerungen an Vorsorgeuntersuchungen, gezielte Präventionsprogramme, Fernüberwachung, …
Laut Deloitte könnten durch stärkere Investitionen in Prävention und Digitalisierung bis 2040 bis zu 30 Milliarden Franken eingespart werden. Das bestätigt auch unsere Studie mit MIS Trend und Farner: Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt, dass KI helfen kann, die Gesundheitskosten zu senken.
3.3 Finanzierungsreformen: die richtigen Anreize schaffen
Die Debatten rund um die zweite LAMal-Revision, neue Tarife wie TARDOC oder netzwerkbasierte Versicherungsmodelle zielen darauf ab:
- Ambulante Leistungen fairer zu vergüten
- Fehlanreize zugunsten stationärer Behandlungen zu vermeiden
- Integrierte Versorgung und Koordination gezielt zu fördern
Solche Reformen setzen auf eine verbesserte Messung von Qualität, Ressourcennutzung und Patient:innen-Ergebnissen – dafür braucht es verlässliche Daten und geeignete Informationssysteme.
3.4 Digitale Lösungen: Kosten und Administration effizient senken
Digitalisierung ist kein Selbstzweck – aber ein starker Hebel beim Aufbau von Gesundheitsnetzwerken in der Schweiz. Verschiedene Lösungen können das System entlasten – für Fachpersonen wie auch für Patient:innen:
- Online-Terminvereinbarung, die nicht nur die Patient:innen-Erfahrung verbessert, sondern auch administrative Aufgaben wie Terminkoordination und Erinnerungen automatisiert – z. B. via SMS oder E-Mail.
- Elektronisches Patientendossier (bald elektronisches Gesundheitsdossier): zentrale Speicherung von Gesundheitsdaten, Vermeidung von Doppeluntersuchungen, Vereinfachung des Informationsaustauschs. Viele dieser Tools integrieren sich direkt in Ihre medizinische Software.
3.5 Telekonsultation: das System durch Fernbetreuung entlasten
Ein weiterer Weg zur Entlastung des Systems ist die Telemedizin. Obwohl sie in einigen Versicherungsmodellen bereits berücksichtigt ist, ist sie in der Schweiz noch nicht flächendeckend etabliert. Dabei eignet sich die Telekonsultation gut für Bagatellerkrankungen oder Kontrolltermine, bei denen kein physischer Kontakt nötig ist. So bleibt mehr Zeit für komplexe Fälle.
3.6 KI – eine Unterstützung für Gesundheitsnetzwerke?
Viele Ärzt:innen und Therapeut:innen fragen sich, ob künstliche Intelligenz sie ersetzen wird. Studien zeigen aber: KI wird eher als Hilfe denn als Ersatz gesehen. Laut unserer Studie würden nur 2 % der Menschen einer KI vollständig für medizinische Diagnosen vertrauen.
KI kann im Gesundheitswesen hilfreich sein, z. B. bei:
- Bildanalyse (Radiologie, Dermatologie, Ophthalmologie usw.)
- Sortieren und Priorisieren von Anfragen und Zuweisungen an passende Fachpersonen
- Automatisierter Erstellung von Standardberichten, die später von Fachpersonen überprüft werden
- Erkennung von schwachen Warnsignalen, die Nachverfolgung oder Vorsorge nötig machen
Ein nachhaltiges Gesundheitsnetz durch Technologie?
Das Schweizer Gesundheitssystem steht vor strukturellen Herausforderungen: Fachkräftemangel, alternde Bevölkerung, mehr chronisch kranke Menschen, steigende Kosten … Der Übergang vom Versorgungsnetz zum Gesundheitsnetz ist notwendig. Kombiniert mit Technologie kann dieser Wandel helfen, administrative Belastungen zu reduzieren, Versorgungswege zu strukturieren und die interprofessionelle Zusammenarbeit zu stärken.
Lösungen wie OneDoc setzen genau hier an: Sie bieten einfache, praxisnahe Tools, die sich in Ihre Abläufe integrieren – damit Sie mehr Zeit für das haben, was wirklich zählt: die Betreuung Ihrer Patient:innen.





