Ihre eigene Psychotherapie-Praxis zu eröffnen, bedeutet, mit mehr Freiheit zu arbeiten, Ihre Patient:innen, Ihr Tempo und Ihre Methoden selbst zu wählen und einen therapeutischen Raum zu schaffen, der zu Ihnen passt. Doch zwischen Ausbildungsanforderungen, kantonalen Bewilligungen und organisatorischen Aufgaben kann man leicht den Überblick verlieren.
Deshalb begleiten wir Sie in diesem Artikel durch die 7 wichtigsten Schritte zur Eröffnung einer Psychotherapiepraxis in der Schweiz.
Schritt 1: Voraussetzungen, um Psychotherapie auszuüben
Der Titel „Psychotherapeut/in“ ist in der Schweiz geschützt. Sie müssen daher einen anerkannten Hochschulabschluss, eine postgraduale Ausbildung und die notwendigen kantonalen Berufsausübungsbewilligungen besitzen.
Welche Ausbildung für den Beruf Psychotherapeut:in brauche ich in der Schweiz?
Die Ausbildung zur Psychotherapeutin oder zum Psychotherapeuten umfasst mehrere Schritte:
- Grundstudium in Psychologie: Bachelor und anschliessend Master an einer anerkannten Universität oder Fachhochschule.
- Wahl einer psychotherapeutischen Ausrichtung: KVT, systemisch, psychodynamisch, humanistisch, integrativ usw.
- Postgraduale Ausbildung in Psychotherapie an einem akkreditierten Institut
- Klinische Erfahrung in einer Institution (Spital, ambulante Zentren, spezialisierte Dienste).
- Erwerb des eidgenössischen Titels als Psychotherapeut/in (oder gleichwertige Anerkennung je nach Fall).
- Beantragung einer Berufsausübungsbewilligung im Gesundheitswesen.
Welche Berufsausübungsbewilligungen benötigen Psychotherapeuten?
Um eine Berufsausübungsbewilligung zu erhalten, müssen Sie diese im Kanton beantragen, in dem Sie arbeiten möchten. In der Regel finden Sie alle Informationen auf der Website des kantonalen Gesundheitsamts.
Nach der Einreichung müssen Sie häufig folgende Dokumente vorlegen:
- Kopien der Diplome und postgradualen Zertifikate
- Nachweis der klinischen Erfahrung
- Detaillierter Lebenslauf
- Auszug aus dem Strafregister
- Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung
Voraussetzungen für die Abrechnung über die OKP
Seit der Einführung des Verordnungsmodells im Jahr 2022 müssen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die über die OKP abrechnen wollen, im Leistungserbringerregister gemeldet sein. Dazu gehören insbesondere eine ZSR-Nummer (via SASIS), eine GLN und eine UID. Hier ein Überblick:
- Die ZSR-Nummer ist die offizielle Identifikationsnummer für Gesundheitsfachpersonen
- Die UID ist eine allgemeine Unternehmens-Identifikationsnummer in der Schweiz
- Die GLN (Global Location Number) dient Ihrer eindeutigen Identifikation in verschiedenen Registern
Diese administrativen Anforderungen stellen sicher, dass Ihre Praxis korrekt registriert ist und Ihre Leistungen abrechenbar sind.
Schritt 2: Erstellung eines Businessplans für Ihre Praxis
Die Unternehmensgründung muss unbedingt wirtschaftlich geplant werden. Dazu gehören eine Marktanalyse, Informationen zu Ihrer Tätigkeit, Ihrem Standort, Ihrer Zielgruppe und Ihrer Finanzierung. Dies ist insbesondere notwendig, wenn Sie einen Bankkredit beantragen möchten.
Bevor Sie beginnen, können Sie sich folgende Fragen stellen:
- Möchten Sie alleine oder in einer Gruppenpraxis arbeiten?
- Möchten Sie in einer Grossstadt (Genf, Lausanne …) oder in einer ländlicheren Gegend arbeiten?
- Soll Ihre zukünftige Psychotherapiepraxis generalistisch sein oder sich auf bestimmte Zielgruppen fokussieren: Jugendliche, Paare, Trauma-Patienten?
Diese erste Reflexion ermöglicht Ihnen, die Praxisgrösse, den Kanton, das erwartete Einkommen und somit die Machbarkeit Ihres Projekts besser einzuschätzen!
Erstellen Sie Ihren eigenen Businessplan mit unserem dazugehörigen Artikel
Schritt 3: Die passende Rechtsform für Ihre Praxis wählen
In der Schweiz beginnen viele Psychotherapiepraxen als Einzelunternehmen: einfach umzusetzen, kostengünstig und ideal für eine Solo-Tätigkeit.
Wächst Ihre Praxis oder möchten Sie Personal einstellen, kann es sinnvoll werden, zu einer anderen Rechtsform wie GmbH oder AG zu wechseln, um Ihr Privatvermögen besser zu schützen und die Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen zu strukturieren.
Schritt 4: Eröffnungskosten und Finanzierung der Praxis
Auch wenn Psychotherapie keine komplexe medizinische Ausrüstung benötigt, müssen Sie dennoch in Material investieren, um Ihre Tätigkeit zu starten, und wiederkehrende Kosten einplanen.
Die wichtigsten Startkosten
Typischerweise fallen folgende Kosten an:
- Mietkaution und erste Monatsmieten,
- Praxiseinrichtung (Möbel, Dekoration, Beleuchtung, Akustik),
- IT-Ausrüstung (Computer, Bildschirm, Telefon, Drucker),
- Software (Agenda, Abrechnung, Dossierverwaltung)
- Erstellung einer Website, Corporate Design, Visitenkarten,
- Kantonale Gebühren für Bewilligungen.
- Juristische Beratung (optional)
In der Regel liegt der Startaufwand bei 5’000 bis 20’000 CHF für eine kleine Praxis – je nach Region und gewünschtem Ausbauniveau.
Laufende Kosten einplanen
Neben der Erstausstattung sollten Sie auch die monatlichen Fixkosten berücksichtigen:
- Miete und Nebenkosten
- Versicherungen (Berufshaftpflicht, u. U. Erwerbsausfall)
- AHV- / BVG-Beiträge
- Software und digitale Tools
- Buchhaltung / Treuhand
- Kommunikation (Website, Hosting, Online-Services)
Wir empfehlen, für die ersten Monate eine Liquiditätsreserve einzuplanen, bis Ihre Psychotherapiepraxis eine stabile Auslastung erreicht.
Finanzierung und Unterstützung
Die meisten Psychotherapiepraxen werden durch private Mittel oder durch eine Bank finanziert. Es ist ratsam, frühzeitig das Gespräch mit der Bank zu suchen und bei Bedarf steuerliche oder finanzielle Beratung in Anspruch zu nehmen. So können Sie besser planen und unangenehme Überraschungen vermeiden.
OneDoc-Tipp: Füllen Sie Ihr Agenda bereits vor der Praxiseröffnung!
Um sicherzustellen, dass Sie nicht mit leeren Terminkalender starten, bieten Sie OneDoc-Online-Termine an! So können Patienten bereits im Voraus Termine für Ihren Eröffnungstag buchen!
Schritt 5: Die richtige Praxis finden und einrichten
Wählen Sie einen gut erreichbaren Standort
Der Standort Ihrer zukünftigen Praxis ist entscheidend. In Städten wie Lausanne oder Genf erreichen Sie viele Patientinnen und Patienten – die Mieten sind jedoch tendenziell höher als in ländlichen Gebieten. Idealerweise sollte Ihre Praxis:
- Gut erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln sein
- Wenn möglich in der Nähe anderer Gesundheitsfachpersonen liegen (für Austausch und Überweisungen)
OneDoc-Tipp: Bieten Sie auch Online-Sitzungen an
Manche Patientinnen und Patienten können nicht zu Ihnen kommen (Angst, eingeschränkte Mobilität, Umzug). Die Videosprechstunde ermöglicht Ihnen eine qualitativ hochwertige Betreuung auch aus der Ferne!
Zudem kann Telekonsultation ein echter Vorteil bei der Praxiseröffnung sein: Wenn Sie einen Teil Ihrer Sitzungen per Video anbieten, können Sie Ihre Startkosten reduzieren — z. B. indem Sie weniger Praxistage mieten oder Räume mit anderen Fachpersonen teilen.
Einen Raum schaffen, der Vertrauen vermittelt
Auch die Inneneinrichtung spielt eine zentrale Rolle für das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten. Setzen Sie auf:
- Einen warmen, akustisch angenehmen Therapieraum mit sanfter Beleuchtung
- Bequeme Möbel (Sessel, Sofa, …)
- Einen einfachen, aber beruhigenden Wartebereich
- Achten Sie auf geräuschdichte Privatsphäre (gut isolierte Türen, Hintergrundgeräusche)
Ziel ist ein Raum, in dem Sie sich wohlfühlen – denn das trägt auch dazu bei, dass sich Ihre Patientinnen und Patienten sicher fühlen.
Schritt 6: Abrechnung, Tarife und Einkommen
In Ihrer Praxis stehen Ihnen drei Abrechnungsmodelle zur Verfügung: über die obligatorische Krankenversicherung (OKP, mit ärztlicher Verordnung), über Zusatzversicherungen oder direkt mit Selbstzahlern. Da viele Zusatzversicherungen ihre Leistungen reduzieren, ist es wichtig, vor Therapiebeginn abzuklären, ob und wie die Kosten übernommen werden.
Wie hoch ist das Einkommen einer Psychotherapeutin / eines Psychotherapeuten?
Das Einkommen hängt stark von der Auslastung, dem Honorarsystem und den laufenden Kosten ab. Eine gut organisierte Praxis mit stabiler Klientel und realistischen Ausgaben kann ein solides Einkommen erzielen. In der Schweiz verdienen Psychotherapeut*innen etwa zwischen 100’000 und 122’000 CHF pro Jahr.
Beachten Sie, dass es im ersten Jahr zu Schwankungen und Planungsunsicherheiten kommen kann. Passen Sie Ihren Businessplan entsprechend an.
Schritt 7: Die ersten Patientinnen und Patienten gewinnen
Sie können die schönste Praxis der Welt haben – wenn niemand weiss, dass es sie gibt, bleibt die Dynamik fragil. Deshalb ist es wichtig, Ihre Sichtbarkeit aufzubauen.
Online sichtbar werden: Website, Plattformen
Heute beginnen viele Patienten ihren Weg, indem sie ihr Problem googeln oder nach einer Psychotherapeutin in ihrer Nähe suchen.
Damit sie möglichst bei Ihnen landen, können Sie Folgendes einrichten:
- Ein aktuelles Google Business-Profil (Adresse, Öffnungszeiten, Fotos, Online-Terminlink)
- Eine klare Website mit Ihren Methoden, Spezialisierungen, Sprachen und Verfügbarkeiten
- Ein Profil auf einer Plattform wie OneDoc, um in Google-Ergebnissen weit oben zu erscheinen und die Online-Terminbuchung zu ermöglichen
Das professionelle Netzwerk nutzen
Der Aufbau eines Netzwerks mit Ärztinnen, anderen Therapeut*innen und Institutionen kann Überweisungen ermöglichen. Die Mitgliedschaft in Berufsverbänden kann ebenfalls helfen, Ihre Praxis bekannt zu machen und Vertrauen zu schaffen. Zudem erleichtert es den Behandlungspfad für Ihre Patientinnen und Patienten.
Eine Psychotherapiepraxis in Ihrem Stil aufbauen
Eine Psychotherapiepraxis in der Schweiz zu eröffnen verlangt Zeit, Energie und eine gute Portion administrativer Organisation.
Mit einem klaren Plan, sorgfältiger Vorbereitung und realistischem Blick auf die rechtlichen, administrativen und wirtschaftlichen Aspekte erhöhen Sie Ihre Chancen, eine Praxis aufzubauen, die sowohl tragfähig ist als auch zu Ihrer Art der Begleitung passt!





