Physiotherapeuten
Der Tarifnavigator in der Physiotherapie: KVG-Tarife einfach verstehen und anwenden
Veröffentlicht am 04/04/2025

Wenn Sie als Physiotherapeut:in in der Schweiz tätig sind, wissen Sie, dass die Abrechnung von physiotherapeutischen Leistungen aufgrund der verschiedenen geltenden Tarifstrukturen – insbesondere jener des KVG (Bundesgesetz über die Krankenversicherung) sowie der Unfallversicherung (UVG), Militärversicherung (MV) und Invalidenversicherung (IV) – komplex sein kann.
Ein fundiertes Verständnis dieser Tarife ist entscheidend für eine korrekte und rechtskonforme Abrechnung. In diesem Artikel erfahren Sie, was Sie wissen müssen – inklusive konkreter Beispiele zur praktischen Anwendung der Tarife in der Physiotherapie.
Welche physiotherapeutischen Leistungen sind gemäss KVG (Tarifcode 312) abrechenbar?
Leistungen der Physiotherapie sind gemäss KVG nur erstattungsfähig, wenn sie ärztlich verordnet und von einer durch die KVG anerkannten Physiotherapeutin oder einem anerkannten Physiotherapeuten durchgeführt werden.
Die Tarifstruktur des KVG basiert hauptsächlich auf Pauschalen pro Sitzung. Die wichtigsten Tarifpositionen sind:
- 7301 – Einzelsitzungspauschale für allgemeine Physiotherapie : Für Standardbehandlungen ohne besondere Komplexität. Beinhaltet Befundaufnahme, therapeutische Massnahmen, Beratung und Anleitung.
- 7311 – Einzelsitzungspauschale für aufwändige Physiotherapie: Für Fälle mit neurologischen Störungen, schweren Atemwegserkrankungen oder bei Kindern bis zum vollendeten 6. Lebensjahr.
- 7330 – Sitzungspauschale für Gruppentherapie (2 bis 5 Patient:innen): Für kollektive Sitzungen mit ähnlichen Beschwerdebildern.
Zusätzlich kann ein Zuschlag wie 7350 – Zuschlagsposition für die erste Behandlung verrechnet werden, der den erhöhten Zeitaufwand für die Erstabklärung abdeckt.
Konkretes Beispiel: Eine Patientin mit chronischen Rückenschmerzen erhält Sitzungen im Rahmen der allgemeinen Physiotherapie (7301). Bei einem Punktwert von CHF 1.00 (z. B. im Kanton Genf) beträgt der Sitzungsbetrag 48 CHF (48 Punkte x CHF 1.00).
Mehr zum Punktwert und zur Tarifstruktur finden Sie in unserem Artikel zu den Grundlagen des Tarifsystems in der Physiotherapie in der Schweiz.
Abrechenbare Leistungen gemäss UVG/MV/IV (Tarifcode 311)
Was Sie zu den UVG/MV/IV-Tarifen in der Physiotherapie wissen müssen
Die Unfallversicherung (UVG), die Militärversicherung (MV) und die Invalidenversicherung (IV) – zusammengefasst unter dem Tarifcode 311 – decken Leistungen ab, die im direkten Zusammenhang mit einem Unfall, einer Invalidität oder militärischen Dienst stehen.
Diese Leistungen sind denjenigen des KVG ähnlich, weichen jedoch hinsichtlich Erstattungsbedingungen, Tarifstruktur und Abrechnungsmodalitäten teilweise ab.
Der Punktwert beträgt einheitlich CHF 1.00 für alle Leistungen – im ambulanten wie im stationären Bereich – im Gegensatz zum KVG, wo dieser kantonal unterschiedlich sein kann.
Neue Tarifvereinbarung UVG/MV/IV: Welche Änderungen ab dem 1. Juli 2025?
Ab dem 1. Juli 2025 tritt eine neue Tarifstruktur für Leistungen in der Physiotherapie im Bereich UVG/MV/IV in Kraft. Zu den wichtigsten Neuerungen zählen:
- Einführung einer Mindestdauer für Sitzungen,
- Klarere Abgrenzungen für die Abrechnung komplexer Behandlungen.
Es ist wichtig, sich rechtzeitig mit diesen Änderungen vertraut zu machen und sicherzustellen, dass Ihre Abrechnungssoftware rechtzeitig aktualisiert wird!
7 häufige Fehler bei der Abrechnung physiotherapeutischer Leistungen (und wie Sie sie vermeiden)
- Unvollständige Verordnung: Die ärztliche Verordnung muss vollständige Angaben enthalten – inkl. genauer Diagnose, Behandlungsziele und geplanter Behandlungsdauer.
- Falsche Abrechnung von Wegentschädigungen in Pflegeheimen: Wegentschädigungen dürfen nur bei ausdrücklich ärztlich verordneten Behandlungen zu Hause verrechnet werden. Achten Sie auf die korrekte Formulierung „Behandlung zu Hause“.
- Unkorrekte Nutzung der Position 7311 (komplexe Behandlung): Diese darf nur bei medizinisch komplexen Fällen wie schweren neurologischen Störungen verwendet werden. Der medizinische Befund muss dies klar dokumentieren.
- Fehlerhafte Materialabrechnung gemäss MiGeL (LiMA) oder Position 7361: Materialien dürfen nur gemäss den Vorgaben der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL/LiMA) verrechnet werden.
- Verletzung des WZW-Prinzips (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit, Wirtschaftlichkeit): Jede Behandlung muss diesen drei Kriterien entsprechen, um erstattungsfähig zu sein.
- Doppelte Verordnung: Bei zwei Verordnungen zur gleichen Indikation prüfen, ob es sich um ergänzende oder überlappende Verordnungen handelt. Im Zweifelsfall Rücksprache mit der Krankenkasse halten.
- Dokumentation als Basis für sichere Abrechnung: Eine lückenlose Dokumentation ist essenziell, um Rückfragen oder Ablehnungen durch Versicherer zu vermeiden. Nehmen Sie zudem an LeDa-Datenerhebungen von Physioswiss teil – sie sind wichtige Grundlagen für Tarifverhandlungen und Abrechnungsabsicherungen.
Machen Sie sich das Leben leichter: Setzen Sie auf eine automatisierte Abrechnungslösung
Mit einer digitalen Lösung zur Tarifabrechnung sparen Sie Zeit, vermeiden Fehler und bleiben immer aktuell:
- Automatische Tarifupdates: Ihre Abrechnungen basieren stets auf den neuesten Tarifen.
- Reduktion von Fehlern: Integrierte Prüfmechanismen vermeiden Abrechnungsfehler.
- Weniger Administrationsaufwand: Mehr Zeit für die Behandlung Ihrer Patient:innen.
Und damit sind Sie bestens vorbereitet für die Abrechnung physiotherapeutischer Leistungen – ob nach KVG oder UVG/MV/IV. Falls Sie weitere Fragen haben, werfen Sie gerne einen Blick in unsere FAQ speziell für Physiotherapeut:innen.
