Physiotherapeuten
Als Physiotherapeut in der Schweiz arbeiten – Das komplette FAQ
Veröffentlicht am 04/04/2025

Sie sind bereits in der Schweiz als Physiotherapeutin oder Physiotherapeut tätig oder planen den Einstieg und möchten Ihre Abrechnung optimieren, Verordnungen besser verstehen und mehr über die notwendige Ausstattung erfahren? Willkommen zu diesem FAQ! Wir haben die häufigsten Fragen rund um den Beruf zusammengestellt – mit klaren Antworten für Ihre Praxis.
1. Grundlagen der Physiotherapie in der Schweiz
1.1. Was ist Physiotherapie?
Physiotherapie ist eine Disziplin zur Prävention, Behandlung und Rehabilitation von Beschwerden der Mobilität, Schmerzen oder motorischen Funktionen bei Patientinnen und Patienten. Als Physiotherapeutin oder Physiotherapeut:
- Beurteilen Sie den Zustand der Patientin oder des Patienten (klinischer Befund, Untersuchung der Funktionsfähigkeit)
- Erstellen Sie einen individuellen Therapieplan (Kräftigungsübungen, manuelle Techniken, Haltungsarbeit)
- Passen Sie die Behandlung im Verlauf der Sitzungen an den Fortschritt oder Schwierigkeiten an
- Arbeiten Sie mit weiteren Gesundheitsfachpersonen (z. B. Ärztinnen, Ärzte, Pflegefachpersonen) für eine ganzheitliche Versorgung zusammen
1.2. Welche Ausbildung benötige ich, um in der Schweiz zu arbeiten?
Der üblichste Weg führt über eine Fachhochschule (FH), die zum Bachelor of Science FH in Physiotherapie führt. Es gibt unterschiedliche Zugangswege (z. B. Berufsmatur Gesundheit-Soziales, HF-Abschluss im Gesundheitsbereich). Die Ausbildung umfasst:
- Theoretische Kurse (Anatomie, Physiologie, Pathologie usw.),
- Praktische Einsätze in Spitälern oder Praxen,
- Eine Bachelorarbeit.
Die Semestergebühren variieren je nach Kanton (meist zwischen CHF 500 und CHF 1000).
Mehr zur Ausbildung und zu den Berufsperspektiven finden Sie hier: Wie wird man Physiotherapeut in der Schweiz? Alles zur Ausbildung.
2. Tarife und Abrechnung in der Schweizer Physiotherapie
Die korrekte Abrechnung ist im Alltag oft eine Herausforderung. Zwischen KVG, UVG, MV, IV und ärztlichen Verordnungen kann man leicht den Überblick verlieren. Hier finden Sie Antworten auf zentrale Fragen.
2.1. Wie funktioniert das Tarifsystem in der Schweizer Physiotherapie?
Das Tarifsystem basiert auf dem Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG).
Die Tarife werden nicht frei festgelegt, sondern durch Vereinbarungen zwischen Berufsverbänden (z. B. Physioswiss), Versicherern (santésuisse, curafutura) und den zuständigen Behörden definiert.
Jede physiotherapeutische Leistung erhält eine Anzahl Tarifpunkte (z. B. 48 Punkte für eine Standardsitzung). Der Endpreis ergibt sich durch Multiplikation mit dem kantonal geltenden Punktwert.
Mehr zum Punktesystem, zur Kostenneutralität und zu den Vereinbarungen finden Sie in unserem Artikel zu den Grundlagen des Tarifsystems.
2.2. Was ist der Unterschied zwischen KVG und UVG/MV/IV?
- KVG: Tarifcode 312, gilt für ärztlich verordnete Behandlungen durch anerkannte Physiotherapeutinnen und -therapeuten.
- UVG/MV/IV: Tarifcode 311, gilt bei Unfällen, Militärdienst oder Invalidität. Die Bedingungen sind teils ähnlich, der Punktwert ist jedoch meist einheitlich auf CHF 1.00 festgelegt. Ab dem 1. Juli 2025 gilt eine neue Tarifstruktur (mit u. a. Mindestdauer pro Sitzung).
Weitere Infos zur praktischen Anwendung finden Sie im Artikel “Tarifnavigator Physiotherapie“.
2.3. Wie lange ist eine Verordnung in der Physiotherapie gültig?
In der Regel ist eine Verordnung drei Monate ab Ausstellungsdatum gültig. Die erste Sitzung muss innerhalb von 5 Wochen nach Ausstellung stattfinden (bei KVG).
2.4. Wie wird Material korrekt abgerechnet?
Unter dem KVG darf nur Material verrechnet werden, das auf der Mittel- und Gegenstandsliste (MiGeL/LiMA) steht. Material ausserhalb dieser Liste ist nur mit spezieller Genehmigung erstattungsfähig. Bei UVG gelten oft abweichende Regeln, der Punktwert liegt hier meist bei CHF 1.00.
2.5. Welche Abrechnungsfehler treten häufig auf?
Typische Fehler sind:
- unvollständige Verordnungen (fehlende Diagnose, unklare Angaben),
- Abrechnung der Position 7311 (komplexe Sitzung) ohne medizinische Begründung,
- Überschreitung der 5-Wochen-Frist für die erste Sitzung,
- Abrechnung von nicht gedeckten Wegpauschalen (z. B. in gewissen Pflegeheimen),
- Materialabrechnung ohne Bezug zur MiGeL/LiMA.
2.6. Was tun bei Streit mit der Krankenkasse?
Bei Unklarheiten oder Ablehnungen (z. B. keine Anerkennung einer komplexen Sitzung):
- Kontaktieren Sie den Versicherer für eine Klärung,
- nutzen Sie Merkblätter wie “Tarife richtig anwenden” von Physioswiss,
- ziehen Sie die Paritätische Vertrauenskommission (PVK) Physioswiss/tarifsuisse bei.
2.7. Was tun ohne Verordnung oder bei zwei Verordnungen für dieselbe Indikation?
- Ohne Verordnung: Keine Kostenübernahme durch die Grundversicherung (KVG). Komfortbehandlungen sind möglich, aber selbst zu bezahlen.
- Zwei Verordnungen: Prüfen Sie, ob es sich um dieselbe Indikation handelt. Bei Überschneidungen ist es sinnvoll, die Krankenkasse zu kontaktieren, um Ablehnungen zu vermeiden.
3. Praxisorganisation: Ausstattung und digitale Hilfsmittel
3.1. Welche Grundausstattung ist in der Physiotherapie notwendig?
Für vielfältige Behandlungen (Post-OP, Haltung, Sportverletzungen) sind u. a. wichtig:
- Verstellbare Therapieliege
- Elastische Bänder, Hanteln, Gymnastikbälle
- Gleichgewichtsgeräte (Kissen, Wackelbretter)
- Faszienrollen zur Muskelentspannung
Mehr dazu im Artikel: Essentielle Geräte für eine Gut Ausgestattete Physiotherapie-Praxis.
3.2. Lohnt sich die Anschaffung spezieller Geräte?
Je nach Spezialisierung (z. B. Neurologie, Kinder, Sportphysio) kann sich die Investition in Geräte wie TENS, Ultraschall oder Stosswellentherapie lohnen. Prüfen Sie Nutzen, Platz und Kosten.
Gebrauchte Geräte sind eine Option, müssen aber Sicherheits- und Hygienestandards erfüllen.
3.3. Welche digitalen Tools unterstützen Physiotherapeut:innen?
Der administrative Aufwand ist hoch. Digitale Lösungen helfen z. B. bei:
- Automatischer Tarifaktualisierung
- Terminplanung
- Online-Buchungen (wie mit OneDoc)
- Verwaltung von Verordnungen und Erinnerungen
4. Tipps zur Praxisentwicklung
4.1. Wie gewinne ich mehr Patientinnen und Patienten?
- Lokale Sichtbarkeit: Eintrag in Verzeichnisse (z. B. OneDoc) und Google Maps,
- interprofessionelle Zusammenarbeit mit Ärztinnen, Spitälern, Fachpersonen,
- Online-Terminbuchung rund um die Uhr anbieten.
4.2. Wie bleibe ich über Tarif- und Gesetzesänderungen informiert?
- Newsletter wie “Gut zu wissen” von Physioswiss abonnieren,
- spezialisierte Blogs wie den OneDoc-Blog regelmässig lesen,
- an Weiterbildungen oder Fachseminaren teilnehmen.
Für tiefergehende Infos zu den Tarifstrukturen, Materialabrechnung oder Praxisausstattung empfehlen wir unsere weiteren Artikel. So sparen Sie Zeit und können sich voll auf Ihre Patientinnen und Patienten konzentrieren!
